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Ideen und Praktiken für die agile Organisation von morgen
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Claudia Schröder

Systemische Organisations­entwicklerin, Beraterin, Trainerin und Coach mit über 15 Jahren Erfahrung als Unternehmerin und CFO.
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Was Sie schon immer über Feed­back wis­sen woll­ten – Teil 5 – Ende der Serie ;)

In der Blog-Serie 1 – 4 wur­den alle Grund­la­gen für das Geben und Neh­men von Feed­back gelegt. Dazu gehö­ren die Tech­ni­ken akti­ves Zuhö­ren und Ich-Bot­schaf­ten. In die­sem letz­ten Blog-Bei­trag skiz­ziere ich nun wie bei­des zur Feed­back-Tech­nik zusam­men­ge­führt wer­den kann. Wei­ter wer­de ich hier­zu eini­ge Regeln sowohl für die Feed­back-Gebe­rin als auch für die Feed­back-Neh­me­rin vor­stel­len, mit denen ich gute Erfah­run­gen gemacht habe, damit eine angst­freie Feed­back-Kul­tur, eine Kul­tur des Von­ein­an­der­ler­nens gelebt wer­den kann.

Grund­sätz­lich gilt für bei­de Rol­len, dass wir nur Feed­back geben und neh­men soll­ten, wenn wir zuein­an­der eine grund­sätz­lich wert­schät­zende Hal­tung haben.
Wenn einer der bei­den Gesprächs­part­nern emo­tio­nal sehr erregt ist, ist es wich­tig zu prü­fen, ob eine wert­schät­zende Hal­tung mög­lich ist oder nicht. Beson­ders in der Rol­le des Feed­back­ge­bers hilft es zu schau­en, ob ich schon Pro­bleme dabei habe, Ich-Bot­schaf­ten zu for­mu­lie­ren oder schnell ins zuschrei­ben kom­me. Und wenn ich mer­ke, dass ich dem Ande­ren an sich nur eins aus­wi­schen möch­te, scheint Feed­back nicht ange­bracht zu sein. Oft ist die Stim­mung am nächs­ten Tag wie­der anders, so dass auch Feed­back wie­der mög­lich sein kann. Falls sich die Stim­mung nicht ändern sol­len und ich mich wei­ter in einer hoher Emo­tio­na­li­tät befin­de, kann es hilf­rei­cher sein, auf ande­re Tech­ni­ken (bspw. ein Kri­tik­ge­spräch oder ande­ren Tech­ni­ken aus dem The­men­be­reich Umgang mit Kon­flik­ten) zurück­zu­grei­fen, statt auf die Feed­back-Metho­de.

Feed­back hilft mir dabei (sowohl „posi­tive“ als auch „nega­tive“) Beob­ach­tun­gen struk­tu­riert und kon­kret zurück zu mel­den und sie dadurch für bei­de Gesprächs­part­ner trans­pa­rent und begreif­bar zu machen.

Beim Feed­back­ge­ben kann man unter­schied­lich vor­ge­hen. Geht es bei­spiels­weise um täg­li­ches Arbeits-Feed­back oder sind die Gesprächs­part­ner schon sehr in die­ser Tech­nik ein­ge­spielt, kön­nen nach­ein­an­der meh­rere Beob­ach­tun­gen aus­ge­tauscht wer­den und im Anschluss die Rol­len gewech­selt wer­den.

Geht es jedoch dar­um, ein mög­li­cher­weise wie­der­keh­ren­des Ver­hal­ten zurück­zu­mel­den, das bei mir Emo­tio­nen aus­löst, redu­ziere ich dies nur auf die eine kon­krete Beob­ach­tung. Damit die­ser eine Punkt unmiss­ver­ständ­lich bespro­chen wer­den kann, ist es wich­tig, dass der Feed­back-Neh­mer anschlie­ßend auch aktiv zuhört. Dies sorgt dafür, wei­tere Miss­ver­ständ­nisse zu umge­hen und unter­stützt bei­de Gesprächs­part­ner noch ein­mal dar­in, zu prü­fen, ob sie sich wirk­lich ver­stan­den haben. Der Feed­back-Geber hört die Inter­pre­ta­tion und kann ggf. noch ein­mal das Gesag­te schär­fen oder auch kor­ri­gie­ren. Beim Feed­back-Neh­mer löst das aktiv zuhö­ren eine Art „Ando­cken“ aus. Es macht qua­li­ta­tiv einen Unter­schied, Gehör­tes in eige­nen Wor­ten wie­der­zu­ge­ben und löst kör­per­lich auch ande­re Wahr­neh­mungs­pro­zesse aus, als nur zu nicken oder ja zu sagen.

Ein wirk­sa­mes Feed­back

  • erfolgt zeit­nah
  • ist vom Emp­fän­ger gewollt
  • beschreibt Ver­hal­ten (nicht die Per­son)
  • erfolgt als Ich-Bot­schaft
  • ist kon­kret (nicht ver­all­ge­mei­nernd)
  • ist kurz und in akti­ven Sät­zen for­mu­liert
  • lie­fert ggf. Tipps, Optio­nen, Wün­sche etc.

D.h. alles was dem Ande­ren dabei hel­fen kann, sich zu ent­wi­ckeln und zu wach­sen, eig­net sich auch dazu, aus­ge­spro­chen und gewür­digt zu wer­den. Hier möch­te ich noch ein­mal beson­ders auf die Wirk­sam­keit von posi­ti­ven Rück­mel­dun­gen ein­ge­hen. In unse­rem Kul­tur­kreis scheint es üblich zu sein, erst etwas zu sagen, wenn es stört. Wäh­rend die gut lau­fen­den Din­ge, wenig zurück­ge­mel­det wer­den, fast schon als selbst­ver­ständ­lich ange­se­hen wer­den. Ich möch­te alle dazu ermun­tern, mit posi­ti­ven Feed­back anzu­fan­gen und was gut läuft zu wür­di­gen. Es wirkt ver­stär­kend und sehr wert­schät­zend.

Bei den For­mu­lie­run­gen ach­te ich dar­auf, Ich-Bot­schaf­ten zu ver­wen­den, das heißt beim For­mu­lie­ren blei­be ich bei mir und til­ge Zuschrei­bun­gen.

Regeln für die Feed­back-Gebe­rin

  • Mei­nen Gesprächs­part­ner um Erlaub­nis fra­gen, ob Feed­back erwünscht ist oder nicht.
  • Für ein ver­trau­ens­vol­les Set­ting sor­gen.
  • Vor dem Feed­back sich Zeit (5–10 Min) neh­men, sich Gedan­ken machen (ver­schrift­li­chen hilft). Wel­che kon­krete Situa­tion möch­te ich rück­mel­den, was habe ich beob­ach­tet?
  • Was hat­te das für eine Wir­kung auf mich (War­um mel­de ich das zurück, war­um ist es mir auf­ge­fal­len, etc.)?
  • Wel­chen Wunsch habe ich für künf­tige womög­lich ähn­li­che Situa­tio­nen?

Regeln für die Feed­back-Neh­me­rIn

  • Möch­te ich Feed­back von der Feed­back-Gebe­rin (Per­son) hören und passt mir der Zeit­punkt?
  • Hört beim Feed­back nur zu, ggf. mit akti­ven zuhö­ren.
  • Recht­fer­tigt sich nicht.
  • Lässt das Gan­ze im Anschluss wir­ken.
  • Sor­tiert ggf. spä­ter.

Feedback-Regeln

Ein regel­mä­ßi­ges Arbeits­feed­back (meh­rere Beob­ach­tun­gen) könn­te fol­gen­der­ma­ßen ver­lau­fen. Bei­spiels­weise geben mei­ne Kol­le­gin und ich uns gegen­sei­tig nach Kun­den­ein­sät­zen Feed­back. Da es bei uns mitt­ler­weile eine sehr ein­ge­spielte Metho­de ist, fragt wäh­rend des Tages meist eine die ande­re „wol­len wir uns heu­te Abend kurz Feed­back geben“. Manch­mal mache ich mir bereits tags­über Noti­zen, was ich bei mei­ner Kol­le­gin beob­achte: Wie sie auf eine Fra­ge reagiert, wel­chen neu­en Impuls sie rein­ge­bracht hat, ob ein theo­re­ti­scher Teil didak­tisch nicht spä­ter bes­ser gepasst hät­te, wel­che wei­te­ren Bei­spiele mir zu dem Pro­blem des Kun­den noch ein­fal­len wür­den, wo sie eine schwie­rige Situa­tion geret­tet hat, wie das Flip gestal­tet war und was sie dabei noch bes­ser machen könn­te, wie wir uns ergänzt und abge­wech­selt haben, wie das Zusam­men­spiel war usw.
Dann spre­chen wir kurz, wer anfan­gen mag und eine beginnt. Meist lis­ten wir erst ein­mal die gan­zen Din­ge auf, die uns posi­tiv auf­ge­fal­len sind und enden dann mit 1 – 3 Sachen, wo wir irri­tiert waren, wir anders vor­ge­gan­gen wären, mit eige­nen Tipps oder was auch immer. Wäh­rend der gan­zen Zeit ach­ten wir dar­auf, in einem guten Kon­takt zu sein und klä­ren wäh­rend des Pro­zess Ver­ständ­nis­fra­gen.

Danach wird abge­wech­selt und so bekommt jede von uns von der ande­ren etwas zurück. Es ist ein Geben und Neh­men. In der nächs­ten Zusam­men­ar­beit kön­nen wir gleich Ver­än­de­run­gen zurück­mel­den, die sich in der Zwi­schen­zeit erge­ben haben. Da ich auf­grund mei­ner Erfah­run­gen weiß, dass mei­ne Kol­le­gin mir nichts Böses will, ist die Situa­tion ein­fach nur ent­spannt. Feed­back wird so zu einem wert­vol­len Geschenk.

Wür­de wäh­rend des Kun­den­ein­satz eine soge­nannte Stö­rung mit hoher Emo­tio­na­li­tät auf­tau­chen, wür­den wir uns in der ers­ten Pau­se dazu klä­rend mit einem Ein­zel­fe­ed­back aus­tau­schen oder ggf. bei einer star­ken Stö­rung den Pro­zess unter­bre­chen, um gleich in die Klä­rung zu gehen, damit die Stö­rung aus­ge­räumt wer­den kann und wir zur Tages­ord­nung wie­der über­ge­hen kön­nen.

Ein Bei­spiel für ein Ein­zel-Feed­back könn­te so ablau­fen:

Situa­ti­ons­be­schrei­bung:

Ich war mit einem Kol­le­gen in einem Akqui­se-Gespräch. Da kun­den­sei­tig 2 Per­so­nen dar­an teil­nah­men, haben wir uns in der Vor­be­rei­tung dar­auf ver­stän­digt, dass mein Kol­lege mehr bera­tende The­men über­neh­men und ich das Gan­ze mode­rie­ren soll­te. Der Kun­de hat­te ins­ge­samt meh­rere Anbie­ter ein­ge­la­den. Wir hat­ten einen Zeit-Slot von 30 Minu­ten erhal­ten. Unse­re Zie­le waren: Gut mit den Kun­den in Kon­takt zu kom­men, die Auf­trags­klä­rung durch­zu­füh­ren und ggf. die nächs­ten Schrit­te zu skiz­zie­ren. Bei 4 Gesprächs­part­nern und 30 Minu­ten recht sport­li­che Zie­le.

Im tat­säch­li­chen Gespräch vor Ort stell­te sich her­aus, dass mein Kol­lege sei­nen alten Stu­di­en­kol­le­gen auf der Kun­den­seite sit­zen hat­te. Sie schweif­ten natür­lich gleich nach der Begrü­ßung in alte Geschich­ten ab. Bis das Gan­ze bespro­chen, alle Lacher gelacht waren, blie­ben noch 20 Minu­ten übrig. Und auch in der Rest Zeit schweif­ten sie immer wie­der von der abge­spro­che­nen Agen­da ab und streu­ten Insi­der-Anek­do­ten ein. Fazit: Wäh­rend des Gesprächs konn­ten wir nur rudi­men­tär das Anlie­gen des Kun­den ver­ste­hen, wei­ter blieb kei­ne Zeit, die nächs­ten Schrit­te zu skiz­zie­ren. Und das Schlimms­te: Ich war extrem ver­stimmt!

Da hier eine hohe Emo­tio­na­li­tät bzw. schon eine Stö­rung wäh­rend des Akqui­se Gesprächs vor­lag, wäre ein Ein­zel-Feed­back ange­bracht. Dies könn­te bei­spiels­weise wie folgt aus­se­hen.

Am nächs­ten Tag (ich hat­te mich mitt­ler­weile abge­kühlt) frag­te ich mei­nen Kol­le­gen, ob er von mir Feed­back für unse­re letz­te Akqui­se-Situa­ti­on haben wol­le, was er bejah­te. Ich sorg­te dann für einen geeig­ne­ten Raum, wo wir uns unge­stört unter­hal­ten konn­ten.

Ich bedank­te mich, dass er sich Zeit nahm (Ein­lei­tung) und beschrieb die Situa­tion, wie ich sie sub­jek­tiv beob­ach­tet hat­te: „Bei unse­rem letz­ten Akqui­se-Gespräch hat­ten wir uns im Vor­wege abge­spro­chen, unter­schied­li­che Rol­len dort wahr­zu­neh­mem. Du woll­test den Bera­ter-Part über­neh­men und ich das Gan­ze mode­rie­ren. Im Gespräch selbst hast du Dei­nen ehe­ma­li­gen Freund getrof­fen und rund 10 Minu­ten unse­rer 30 Minu­ten für Small­talk ver­braucht. Die rest­li­chen 20 Minu­ten haben m. E. nicht aus­ge­reicht, um das Kun­den­an­lie­gen zu ver­ste­hen (Beob­ach­tung).

Dar­über habe ich mich schreck­lich geär­gert. Nun mache ich mir Sor­gen, ob wir den Kun­den­auf­trag über­haupt erhal­ten (die Wir­kung auf mich in Ich-Bot­schaf­ten).

Um den Punkt gut zwi­schen uns aus­zu­räu­men, möch­te ich Dich bit­ten, kurz wie­der­zu­ge­ben, was Du von mir ver­stan­den hast.” (Auf­for­de­rung zum Akti­ven Zuhö­ren)

Da mein Kol­lege mit den Feed­back-Regeln ver­traut ist, müss­te ich ihn ver­mut­lich gar nicht auf­for­dern. Mer­ke: Bei Per­so­nen, die die­se Regeln noch nicht ken­nen, ist es hilf­reich, sie vor Beginn des Gesprä­ches kurz zu erläu­tern.

Mein Kol­lege erwi­derte dann „Du hast Dich geär­gert, dass ich so viel mit dem Michi gespro­chen habe und glaubst nun, dass wir den Auf­trag nicht bekom­men, rich­tig?“ (Akti­ves Zuhö­ren)

Nun habe ich die Mög­lich­keit noch ein­mal zu schär­fen. „Auf­grund der knap­pen Zeit und der Akqui­se-Situa­ti­on hat mich das geär­gert, da ich Dein Ver­hal­ten ein­fach nicht pas­send fand. Es wäre für mich etwas Ande­res gewe­sen, wenn wir mehr Zeit gehabt hät­ten.“ (Schär­fung bzw. Kor­rek­tur)

Er: „Ah – ok!“ Ich: „Das nächs­te Mal wür­de ich mir in einer ähn­li­chen Situa­tion eher wün­schen, dass Du den Small­talk kurz­hältst und Dich für spä­ter mit ihm ver­ab­re­dest, oder so.“ (Ände­rungs­wunsch)

So oder so ähn­lich könn­te ein Ein­zel-Feed­back ablau­fen. Hier geht es um eine kon­krete Situa­tion, die vor kur­zem vor­ge­fal­len ist und deut­lich Emo­tio­nen aus­ge­löst hat­te.

Natür­lich muss ich nicht war­ten, bis mir jemand Feed­back gibt! Ich kann es auch wün­schen, d.h. auf Men­schen zuge­hen und um Feed­back bit­ten und so für mein eige­nes Ler­nen sor­gen. Dies set­ze ich ins­be­son­dere dann ein, wenn ich For­mate wie kol­le­giale Kol­le­gen­grup­pen oder Men­to­ring-Pro­zes­se bei Kun­den ein­führe. Unab­hän­gig davon ist es auch hier hilf­reich, nach für alle Par­teien bekann­ten Regeln vor­zu­ge­hen, damit die Per­so­nen wir­kungs­vol­les und nicht ver­let­zen­des Feed­back erhal­ten.

Wei­ter hel­fen mir die Regeln auch dabei, mich zu schüt­zen, wenn ich von einer drit­ten Per­son unge­fragt Rück­mel­dun­gen in Form von Beschul­di­gun­gen und Du-Bot­schaf­ten erhal­te. So kann ich fra­gend den Ande­ren struk­tu­rie­ren:

  • Um wel­che Situa­tion geht es genau? Um was genau geht es?
  • Was hast Du kon­kret beob­ach­tet, was ich getan, gesagt, etc. habe?
  • Wie oft ist das vor­ge­fal­len, wann genau, wann nicht…?
  • Was ist der Grund, mir das rück zu mel­den? Was hat das bei Dir aus­ge­löst
  • Was hät­te ich Dei­ner Mei­nung statt­des­sen sagen, tun sol­len?

Ich wün­sche nun viel Spass beim Aus­pro­bie­ren und zahl­rei­che Lern­im­pulse.

Die nächs­ten Work­shop-Ter­mi­ne fin­den Sie hier !

Herz­lich

Clau­dia Schrö­der

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