In der Blog-Serie 1 – 4 wurden alle Grundlagen für das Geben und Nehmen von Feedback gelegt. Dazu gehören die Techniken aktives Zuhören und Ich-Botschaften. In diesem letzten Blog-Beitrag skizziere ich nun wie beides zur Feedback-Technik zusammengeführt werden kann. Weiter werde ich hierzu einige Regeln sowohl für die Feedback-Geberin als auch für die Feedback-Nehmerin vorstellen, mit denen ich gute Erfahrungen gemacht habe, damit eine angstfreie Feedback-Kultur, eine Kultur des Voneinanderlernens gelebt werden kann.
Grundsätzlich gilt für beide Rollen, dass wir nur Feedback geben und nehmen sollten, wenn wir zueinander eine grundsätzlich wertschätzende Haltung haben.
Wenn einer der beiden Gesprächspartnern emotional sehr erregt ist, ist es wichtig zu prüfen, ob eine wertschätzende Haltung möglich ist oder nicht. Besonders in der Rolle des Feedbackgebers hilft es zu schauen, ob ich schon Probleme dabei habe, Ich-Botschaften zu formulieren oder schnell ins zuschreiben komme. Und wenn ich merke, dass ich dem Anderen an sich nur eins auswischen möchte, scheint Feedback nicht angebracht zu sein. Oft ist die Stimmung am nächsten Tag wieder anders, so dass auch Feedback wieder möglich sein kann. Falls sich die Stimmung nicht ändern sollen und ich mich weiter in einer hoher Emotionalität befinde, kann es hilfreicher sein, auf andere Techniken (bspw. ein Kritikgespräch oder anderen Techniken aus dem Themenbereich Umgang mit Konflikten) zurückzugreifen, statt auf die Feedback-Methode.
Feedback hilft mir dabei (sowohl „positive“ als auch „negative“) Beobachtungen strukturiert und konkret zurück zu melden und sie dadurch für beide Gesprächspartner transparent und begreifbar zu machen.
Beim Feedbackgeben kann man unterschiedlich vorgehen. Geht es beispielsweise um tägliches Arbeits-Feedback oder sind die Gesprächspartner schon sehr in dieser Technik eingespielt, können nacheinander mehrere Beobachtungen ausgetauscht werden und im Anschluss die Rollen gewechselt werden.
Geht es jedoch darum, ein möglicherweise wiederkehrendes Verhalten zurückzumelden, das bei mir Emotionen auslöst, reduziere ich dies nur auf die eine konkrete Beobachtung. Damit dieser eine Punkt unmissverständlich besprochen werden kann, ist es wichtig, dass der Feedback-Nehmer anschließend auch aktiv zuhört. Dies sorgt dafür, weitere Missverständnisse zu umgehen und unterstützt beide Gesprächspartner noch einmal darin, zu prüfen, ob sie sich wirklich verstanden haben. Der Feedback-Geber hört die Interpretation und kann ggf. noch einmal das Gesagte schärfen oder auch korrigieren. Beim Feedback-Nehmer löst das aktiv zuhören eine Art „Andocken“ aus. Es macht qualitativ einen Unterschied, Gehörtes in eigenen Worten wiederzugeben und löst körperlich auch andere Wahrnehmungsprozesse aus, als nur zu nicken oder ja zu sagen.
Ein wirksames Feedback
- erfolgt zeitnah
- ist vom Empfänger gewollt
- beschreibt Verhalten (nicht die Person)
- erfolgt als Ich-Botschaft
- ist konkret (nicht verallgemeinernd)
- ist kurz und in aktiven Sätzen formuliert
- liefert ggf. Tipps, Optionen, Wünsche etc.
D.h. alles was dem Anderen dabei helfen kann, sich zu entwickeln und zu wachsen, eignet sich auch dazu, ausgesprochen und gewürdigt zu werden. Hier möchte ich noch einmal besonders auf die Wirksamkeit von positiven Rückmeldungen eingehen. In unserem Kulturkreis scheint es üblich zu sein, erst etwas zu sagen, wenn es stört. Während die gut laufenden Dinge, wenig zurückgemeldet werden, fast schon als selbstverständlich angesehen werden. Ich möchte alle dazu ermuntern, mit positiven Feedback anzufangen und was gut läuft zu würdigen. Es wirkt verstärkend und sehr wertschätzend.
Bei den Formulierungen achte ich darauf, Ich-Botschaften zu verwenden, das heißt beim Formulieren bleibe ich bei mir und tilge Zuschreibungen.
Regeln für die Feedback-Geberin
- Meinen Gesprächspartner um Erlaubnis fragen, ob Feedback erwünscht ist oder nicht.
- Für ein vertrauensvolles Setting sorgen.
- Vor dem Feedback sich Zeit (5–10 Min) nehmen, sich Gedanken machen (verschriftlichen hilft). Welche konkrete Situation möchte ich rückmelden, was habe ich beobachtet?
- Was hatte das für eine Wirkung auf mich (Warum melde ich das zurück, warum ist es mir aufgefallen, etc.)?
- Welchen Wunsch habe ich für künftige womöglich ähnliche Situationen?
Regeln für die Feedback-NehmerIn
- Möchte ich Feedback von der Feedback-Geberin (Person) hören und passt mir der Zeitpunkt?
- Hört beim Feedback nur zu, ggf. mit aktiven zuhören.
- Rechtfertigt sich nicht.
- Lässt das Ganze im Anschluss wirken.
- Sortiert ggf. später.
Ein regelmäßiges Arbeitsfeedback (mehrere Beobachtungen) könnte folgendermaßen verlaufen. Beispielsweise geben meine Kollegin und ich uns gegenseitig nach Kundeneinsätzen Feedback. Da es bei uns mittlerweile eine sehr eingespielte Methode ist, fragt während des Tages meist eine die andere „wollen wir uns heute Abend kurz Feedback geben“. Manchmal mache ich mir bereits tagsüber Notizen, was ich bei meiner Kollegin beobachte: Wie sie auf eine Frage reagiert, welchen neuen Impuls sie reingebracht hat, ob ein theoretischer Teil didaktisch nicht später besser gepasst hätte, welche weiteren Beispiele mir zu dem Problem des Kunden noch einfallen würden, wo sie eine schwierige Situation gerettet hat, wie das Flip gestaltet war und was sie dabei noch besser machen könnte, wie wir uns ergänzt und abgewechselt haben, wie das Zusammenspiel war usw.
Dann sprechen wir kurz, wer anfangen mag und eine beginnt. Meist listen wir erst einmal die ganzen Dinge auf, die uns positiv aufgefallen sind und enden dann mit 1 – 3 Sachen, wo wir irritiert waren, wir anders vorgegangen wären, mit eigenen Tipps oder was auch immer. Während der ganzen Zeit achten wir darauf, in einem guten Kontakt zu sein und klären während des Prozess Verständnisfragen.
Danach wird abgewechselt und so bekommt jede von uns von der anderen etwas zurück. Es ist ein Geben und Nehmen. In der nächsten Zusammenarbeit können wir gleich Veränderungen zurückmelden, die sich in der Zwischenzeit ergeben haben. Da ich aufgrund meiner Erfahrungen weiß, dass meine Kollegin mir nichts Böses will, ist die Situation einfach nur entspannt. Feedback wird so zu einem wertvollen Geschenk.
Würde während des Kundeneinsatz eine sogenannte Störung mit hoher Emotionalität auftauchen, würden wir uns in der ersten Pause dazu klärend mit einem Einzelfeedback austauschen oder ggf. bei einer starken Störung den Prozess unterbrechen, um gleich in die Klärung zu gehen, damit die Störung ausgeräumt werden kann und wir zur Tagesordnung wieder übergehen können.
Ein Beispiel für ein Einzel-Feedback könnte so ablaufen:
Situationsbeschreibung:
Ich war mit einem Kollegen in einem Akquise-Gespräch. Da kundenseitig 2 Personen daran teilnahmen, haben wir uns in der Vorbereitung darauf verständigt, dass mein Kollege mehr beratende Themen übernehmen und ich das Ganze moderieren sollte. Der Kunde hatte insgesamt mehrere Anbieter eingeladen. Wir hatten einen Zeit-Slot von 30 Minuten erhalten. Unsere Ziele waren: Gut mit den Kunden in Kontakt zu kommen, die Auftragsklärung durchzuführen und ggf. die nächsten Schritte zu skizzieren. Bei 4 Gesprächspartnern und 30 Minuten recht sportliche Ziele.
Im tatsächlichen Gespräch vor Ort stellte sich heraus, dass mein Kollege seinen alten Studienkollegen auf der Kundenseite sitzen hatte. Sie schweiften natürlich gleich nach der Begrüßung in alte Geschichten ab. Bis das Ganze besprochen, alle Lacher gelacht waren, blieben noch 20 Minuten übrig. Und auch in der Rest Zeit schweiften sie immer wieder von der abgesprochenen Agenda ab und streuten Insider-Anekdoten ein. Fazit: Während des Gesprächs konnten wir nur rudimentär das Anliegen des Kunden verstehen, weiter blieb keine Zeit, die nächsten Schritte zu skizzieren. Und das Schlimmste: Ich war extrem verstimmt!
Da hier eine hohe Emotionalität bzw. schon eine Störung während des Akquise Gesprächs vorlag, wäre ein Einzel-Feedback angebracht. Dies könnte beispielsweise wie folgt aussehen.
Am nächsten Tag (ich hatte mich mittlerweile abgekühlt) fragte ich meinen Kollegen, ob er von mir Feedback für unsere letzte Akquise-Situation haben wolle, was er bejahte. Ich sorgte dann für einen geeigneten Raum, wo wir uns ungestört unterhalten konnten.
Ich bedankte mich, dass er sich Zeit nahm (Einleitung) und beschrieb die Situation, wie ich sie subjektiv beobachtet hatte: „Bei unserem letzten Akquise-Gespräch hatten wir uns im Vorwege abgesprochen, unterschiedliche Rollen dort wahrzunehmem. Du wolltest den Berater-Part übernehmen und ich das Ganze moderieren. Im Gespräch selbst hast du Deinen ehemaligen Freund getroffen und rund 10 Minuten unserer 30 Minuten für Smalltalk verbraucht. Die restlichen 20 Minuten haben m. E. nicht ausgereicht, um das Kundenanliegen zu verstehen (Beobachtung).
Darüber habe ich mich schrecklich geärgert. Nun mache ich mir Sorgen, ob wir den Kundenauftrag überhaupt erhalten (die Wirkung auf mich in Ich-Botschaften).
Um den Punkt gut zwischen uns auszuräumen, möchte ich Dich bitten, kurz wiederzugeben, was Du von mir verstanden hast.” (Aufforderung zum Aktiven Zuhören)
Da mein Kollege mit den Feedback-Regeln vertraut ist, müsste ich ihn vermutlich gar nicht auffordern. Merke: Bei Personen, die diese Regeln noch nicht kennen, ist es hilfreich, sie vor Beginn des Gespräches kurz zu erläutern.
Mein Kollege erwiderte dann „Du hast Dich geärgert, dass ich so viel mit dem Michi gesprochen habe und glaubst nun, dass wir den Auftrag nicht bekommen, richtig?“ (Aktives Zuhören)
Nun habe ich die Möglichkeit noch einmal zu schärfen. „Aufgrund der knappen Zeit und der Akquise-Situation hat mich das geärgert, da ich Dein Verhalten einfach nicht passend fand. Es wäre für mich etwas Anderes gewesen, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten.“ (Schärfung bzw. Korrektur)
Er: „Ah – ok!“ Ich: „Das nächste Mal würde ich mir in einer ähnlichen Situation eher wünschen, dass Du den Smalltalk kurzhältst und Dich für später mit ihm verabredest, oder so.“ (Änderungswunsch)
So oder so ähnlich könnte ein Einzel-Feedback ablaufen. Hier geht es um eine konkrete Situation, die vor kurzem vorgefallen ist und deutlich Emotionen ausgelöst hatte.
Natürlich muss ich nicht warten, bis mir jemand Feedback gibt! Ich kann es auch wünschen, d.h. auf Menschen zugehen und um Feedback bitten und so für mein eigenes Lernen sorgen. Dies setze ich insbesondere dann ein, wenn ich Formate wie kollegiale Kollegengruppen oder Mentoring-Prozesse bei Kunden einführe. Unabhängig davon ist es auch hier hilfreich, nach für alle Parteien bekannten Regeln vorzugehen, damit die Personen wirkungsvolles und nicht verletzendes Feedback erhalten.
Weiter helfen mir die Regeln auch dabei, mich zu schützen, wenn ich von einer dritten Person ungefragt Rückmeldungen in Form von Beschuldigungen und Du-Botschaften erhalte. So kann ich fragend den Anderen strukturieren:
- Um welche Situation geht es genau? Um was genau geht es?
- Was hast Du konkret beobachtet, was ich getan, gesagt, etc. habe?
- Wie oft ist das vorgefallen, wann genau, wann nicht…?
- Was ist der Grund, mir das rück zu melden? Was hat das bei Dir ausgelöst
- Was hätte ich Deiner Meinung stattdessen sagen, tun sollen?
Ich wünsche nun viel Spass beim Ausprobieren und zahlreiche Lernimpulse.
Die nächsten Workshop-Termine finden Sie hier !
Herzlich
Claudia Schröder